Dienstag, 22. Januar 2013

Ganz in weiß, mit einem...

...Bluuuuumenstr - naja, lassen wir das mal...

Liebe Blogleser,

herzlich Willkommen im neuen Jahr, das genauso verrückt angefangen hat, wie das alte aufgehört hat. So ist das eben in Jerusalem...
Während man am Heiligabend in Süddeutschland sich besten Biergartenwetters erfreute, schnatterte unsereins in der gar nicht so stillen Nacht immer noch trotz Unterhemd, Pullover, Fleecejacke und Regenjacke. Wer jetzt denkt, dass das kältemäßig das Ende der Fahnenstange war, darf an dieser Stelle eines Besseren belehrt werden.
Man kann es nicht mit Worten beschreiben, was vor zwei Wochen in Jerusalem vor sich ging:
Nancys Blick vom Österreichischen Hospiz aus über die Altstadt.
Dienstag: Es schüttet wie aus Kübeln. Nancy, die sich trotzdem nicht abhalten lässt, ständig vor die Tür zu gehen, reiht schon ihr drittes Paar Socken an diesem Tag am Wäscheständer auf. Die Schuhe dampfen vor dem glühenden Heizstrahler aus und Teeduft durchzieht die Wohnung. Ja, so sieht eigentlich der israelische Winter aus. Im Sturm, der die sintflutartigen Regenfälle begleitete, kapitulierte so manches Dach in Jerusalem und das Wasser tropfte überall dorthin, wo es beim besten Willen nicht hingehört. Ich schaue in mein Mailpostfach und finde eine Mail von der Uni vor, in der ich vor dem Schnee gewarnt werde. Weil ich es den werten Damen und Herren ja nicht glauben könnte, hängen sie mir extra eine Homepage mit der Wettervorhersage für Jerusalem an: Donnerstag, 5-15 cm Schnee in Jerusalem. Als wäre das nicht lächerlich genug, erhalten wir noch den Hinweis genügend Essen für zwei Tage im Haus zu haben - liebe Freunde, wegen 5-15 cm fangen wir auf der Alb nicht einmal an zu schippen...
Bild von Nancys Morgenspaziergang. Die Erlöserkirche
im Schneegestöber.

Mittwoch: Es ist schon bedeutend kühler und zwischen die Regentropfen mischt sich das ein oder andere Hagel- oder Graupelkörnchen. Weil ich mein Projekt, das ich am Folgetag abgeben sollte, immer noch nicht fertig geschrieben habe, gönne ich mir einen unifreien Morgen und nehme mir vor, nachmittags zur Uni zu fahren. Nancy, natürlich wieder völlig aufgeweicht, kommt in mein Zimmer, während wieder eine Mail von der Uni hereinflattert: Ab 16 Uhr fällt die Uni wegen erwarteten Schnees aus! Mein erstes "Das glaubt dir niemand", das ich Mittwoch und Donnerstag noch öfter sagen sollte, ertönt: Wo gibt es sowas? Schneefrei, wegen Noch-Nicht-Schnees. Als Nancy und ich gegen 18 Uhr das Haus verlassen flockt es tatsächlich schon ordentlich, aber die Straßen sind immer noch so schwarz wie die Nacht um uns. Doch dann - oh Wunder -, als wir wieder nach Hause kommen, ist vom Asphalt nichts mehr zu sehen. Junge Israelis veranstalten schon die ersten Schneeballschlachten und ich weiß sicher: Morgen früh kann ich ausschlafen!
Donnerstag: Tatsächlich fand sich schon vor Unibeginn die Notiz auf der Homepage, dass wegen Schnees die ganze Universität geschlossen bleibt. Nett. Als ich aufstehe, kommt immer noch kein Licht in mein Zimmer, weil mein Dachfenster so dicht mit Schnee bedeckt ist, dass die schwachen Sonnenstrahlen keine Chance haben. Während ich noch am Warmlaufen bin, was bei zwei Heizstrahlern und gefühlten 5°C in der Wohnung erheblich erschwert ist, kommt Nancy - wieder einmal - nass und durchgefroren von ihrer Fototour durch Jerusalem zurück. Mittags zeichnet sich bei mir schon der Beginn meiner Erkältung ab, aber trotzdem will ich wenigstens auch noch ein paar Tauwetterbilder machen. Durch neu entstandene Wadis in der Altstadt und von einer zur Pfütze zur anderen ist es zwar weniger lustig, aber es hat sich gelohnt. Ich habe Jerusalem im Schnee gesehen.
Tauwetter am Donnerstagmittag.
So viel von mir. Es gäbe aus den drei Wochen noch einiges mehr zu erzählen, aber ihr wisst ja: die sieben fetten und die sieben dürren Jahre... Wohl dem, der Vorräte (und das nicht nur für zwei Tage) hat.

Viele Grüße aus dem jetzt wieder frühlingshaften Jerusalem,
euer Martin