gerade wird mir bewusst, dass die letzte Ferienwoche für dieses Jahr beinahe vorüber ist und ich mich eigentlich nicht beklagen kann, dass ich sie nicht anständig genutzt hätte. Solange heute wieder die freitagsüblichen Einkäufe und der nasse Lappen für den ein oder anderen Teil der Wohnung anstehen, kann ich mir schon einmal Gedanken machen, wie lange es am Sonntag wohl dauern wird, die Räume an der Universität zu finden. 12.30 Uhr beginnt für mich meine erste Lehrveranstaltung auf Neuhebräisch, was mich im Moment ehrlich gesagt noch etwas beklemmt. Vier Stunden die Woche wird mich der Talmud beschäftigen, zehn Stunden weiterhin der Sprachkurs und acht Stunden Lehrveranstaltungen zum Alten Testament - ganz grob gesagt. Ich werde ja noch genügend Zeit haben, euch bis Januar etwas über die einzelnen "Fächer" zu berichten.
Gestern machten wir uns auf, einen Tag lang im Westjordanland, genauer gesagt in Beit Jalla, zu verbringen. Beit Jalla ist von den Stadträndern Jerusalems wahrscheinlich nicht einmal 10 km entfernt und gleichzeitig findet man sich auf der anderen Seite des Checkpoints in einem anderen Staat wieder.
1949, nachdem der gerade ein Jahr alte Staat Israel seinen ersten Krieg gegen die arabischen Nachbarländer gewonnen hatte, wurde von den Vereinten Nationen eine grüne Linie gezogen, um den Waffenstillstand zwischen Israelis und Palästinensern zu wahren. Auch heute ist die grüne Linie die Basis für die Friedensverhandlungen im Nahostkonflikt. Nach weiteren Scharmützeln war die nächste Station im Konflikt der Sechs-Tage-Krieg 1967, in welchem Israel die Gebiete jenseits der grünen Linie besetzte. Abgesehen vom Abzug aus dem Gaza-Streifen vor ca. zehn Jahren, hält diese Situation bis heute noch an. Aus israelischer Sicht bieten die zahllosen Checkpoints, die teilweise an Flughafenterminals erinnern, und die Mauer, die seit 10 Jahren gebaut wird, Sicherheit für die eigenen Bürger. Aus palästinensischer Sicht ist es eine Einschränkung in der persönlichen Freiheit, die Menschen verzweifeln lässt.
Morgens hatten wir die Möglichkeit der Talitha-Kumi-Schule in Beit Jalla einen Besuch abzustatten. Die Schule ist eine anerkannte deutsche Schule, die vor 162 Jahren vom Berliner Missionswerk gegründet wurde. Johannes, ein deutscher Lehrer, dessen Frau im letzten Jahrgang von Studium in Israel war, führte uns durch die Schule und arrangierte ein Treffen mit seiner Klasse, die auf dem Weg zum deutschen internationalen (heißt wirklich so) Abitur ist. Da die Schüler Unterricht in und auf Deutsch erhalten, konnten wir uns mit ihnen auf Deutsch über ihre Erfahrungen an der Schule, ihre Zukunftspläne und ihre Freizeitgestaltung unterhalten. Danach wunderte uns nicht mehr, dass die Schule auch in internationalen Kreisen ein hohes Ansehen genießt und außer dem aktuellen bisher jeder Bundespräsident während seiner Amtszeit zu Besuch war.
Mittags unternahmen wir eine kleine Wanderung um eine gerade entstehende israelische Siedlung im Westjordanland. Seit mehreren Jahren entstehen immer wieder kleine israelische Inseln jenseits der grünen Linie, was das Verhältnis zwischen den beiden Konfliktparteien nicht wirklich verbessert. Gleichzeitig darf man sich die Siedlungen auch nicht nur als eine kleine Ansammlung von Häusern vorstellen, denn teilweise gibt es heute schon Siedlungen in Städtegröße.
Die Häuser auf dem Bild nebenan sind bereits fertig gestellt, warten aber noch auf ihre ersten Bewohner. Auf der anderen Seite des Hügels wird momentan eine Straße gebaut, die die Siedler mit Jerusalem verbinden soll, damit sie nicht die Straßen des Westjordanlandes benutzen müssen.
Man darf gespannt sein, wie sich die Zukunft der beiden Länder, denn eine Zwei-Staaten-Lösung ist auch die politische Linie Israels, gestaltet und wie viel Wasser bis dahin noch den Jordan hinunter fließt...
Herzliche Grüße aus dem endenden Lotterleben,
euer
Martin
P.S.: "Hoffnungsdrachen" heißt ein Lied von Christoph Zehendner über Kabul, was mir aber hier immer wieder in den Sinn kommt.
1949, nachdem der gerade ein Jahr alte Staat Israel seinen ersten Krieg gegen die arabischen Nachbarländer gewonnen hatte, wurde von den Vereinten Nationen eine grüne Linie gezogen, um den Waffenstillstand zwischen Israelis und Palästinensern zu wahren. Auch heute ist die grüne Linie die Basis für die Friedensverhandlungen im Nahostkonflikt. Nach weiteren Scharmützeln war die nächste Station im Konflikt der Sechs-Tage-Krieg 1967, in welchem Israel die Gebiete jenseits der grünen Linie besetzte. Abgesehen vom Abzug aus dem Gaza-Streifen vor ca. zehn Jahren, hält diese Situation bis heute noch an. Aus israelischer Sicht bieten die zahllosen Checkpoints, die teilweise an Flughafenterminals erinnern, und die Mauer, die seit 10 Jahren gebaut wird, Sicherheit für die eigenen Bürger. Aus palästinensischer Sicht ist es eine Einschränkung in der persönlichen Freiheit, die Menschen verzweifeln lässt.
Der Schulhof mit Markierungen, damit beim Fahnenappell alle Klassen auch in einer Linie stehen. |
Mittags unternahmen wir eine kleine Wanderung um eine gerade entstehende israelische Siedlung im Westjordanland. Seit mehreren Jahren entstehen immer wieder kleine israelische Inseln jenseits der grünen Linie, was das Verhältnis zwischen den beiden Konfliktparteien nicht wirklich verbessert. Gleichzeitig darf man sich die Siedlungen auch nicht nur als eine kleine Ansammlung von Häusern vorstellen, denn teilweise gibt es heute schon Siedlungen in Städtegröße.
Die Häuser auf dem Bild nebenan sind bereits fertig gestellt, warten aber noch auf ihre ersten Bewohner. Auf der anderen Seite des Hügels wird momentan eine Straße gebaut, die die Siedler mit Jerusalem verbinden soll, damit sie nicht die Straßen des Westjordanlandes benutzen müssen.
Man darf gespannt sein, wie sich die Zukunft der beiden Länder, denn eine Zwei-Staaten-Lösung ist auch die politische Linie Israels, gestaltet und wie viel Wasser bis dahin noch den Jordan hinunter fließt...
Herzliche Grüße aus dem endenden Lotterleben,
euer
Martin
P.S.: "Hoffnungsdrachen" heißt ein Lied von Christoph Zehendner über Kabul, was mir aber hier immer wieder in den Sinn kommt.