Liebe Blogleser,
bevor ich an meiner Mini-Dokusoap über meinen Alltag fortfahre,
will ich euch einen Einblick geben, wie ich gerade in Israel die Lage erfahre und vielleicht auch so manchen deutschen Medienbericht um das ein oder andere ergänzen.
Achtung Minen: Spuren aus der Geschichte des Staates Israels im Golan |
Schaut man auf die Straßen Jerusalems erkennt man kaum, dass
nur ca. 80 km weiter südwestlich in der palästinensischen Bevölkerung und in
der israelischen Bevölkerung das Leid steigt. Die Straßen hier sind nicht
weniger oder mehr von Männern und Frauen in Olivgrün bevölkert, die
Maschinengewehre werden von manchen wie vor dem Krieg an der Leine ausgeführt
und als westlich aussehender Mensch kommt man immer noch leicht durch die
Kontrollen, die es auch schon vorher überall gab. Wenn man nicht darauf achten
würde, würde es einem kaum auffallen, dass statt zwei eben vier Polizisten an
jedem Eingang des Marktes stehen, dass fast bei jeder Fahrt in der Straßenbahn
die Sicherheitsbediensteten einen Durchgang machen und dass die Menschen etwas
nervöser sind, wenn dort eine Tasche oder ein Rucksack nicht eindeutig
zugeordnet werden kann. Offenbar hat diese Stadt gelernt, nach Schocks sich
schnell zu schütteln und dem gewöhnlichen Alltag nachzugehen.
Der Schock selber war Freitagnachmittag um 16.30 Uhr als in
manchen Stadtteilen Jerusalems die Sirenen aufheulten, die eine Rakete
ankündigen. Dass Raketen im Besitz der Hamas sein könnten, die auch Tel Aviv
erreichen könnten, war bekannt, dass die Hamas aber das Risiko eingehen würde,
auf Jerusalem zu feuern und damit auch andere Palästinenser zu gefährden,
dachten nicht viele. Letztendlich war alles halb so wild, weil die Rakete ca.
25 km entfernt von Jerussalem einschlug. Was die deutschen Medien meist nicht weiter
erwähnen, ist, dass die Raketen, die die Hamas zum Großteil selbst bastelt,
keine wirkliche verheerende Wirkung haben. Wenn sie ein Gebäude treffen,
zerstören sie häufig nur den getroffenen Raum und Menschen in ihrer Nähe
werden, wenn sie in unmittelbarer Nähe sind, verletzt, aber selten getötet.
Ein Landungssteg mitten im See ohne Verbindung zum Land: Auf seine Art und Weise ein Sinnbild für die Situation jetzt. Wer stellt den Übergang zum sicheren Festland her? |
So, das war der journalistische Teil. Ich selbst bin wohlauf
und gehe ganz im Jerusalemer Geist meinen Alltagsgeschäften nach. Wie ihr alle,
saßen wir am Freitag, während hier die Sirenen heulten, nicht in Jerusalem.
Unsere erste Exkursion führte uns nach Galiläa im Norden Israels, wo kein
Mensch sich über Raketen aus dem Gazastreifen Sorgen machen muss, weil man viel zu weit davon entfernt ist. Mit internetfähigen Handys hielten wir uns
auf dem neusten Stand und Gespräche mit unserem Studienleiter Martin halfen
uns, die Lage richtig einzuordnen. Auch jetzt wieder zurück in Jerusalem sind wir vom
Programm und von der Uni mit genügend Informationen versorgt, dass wir uns
sicher fühlen können und ihr euch zuhause um uns keine Sorgen machen
braucht. Ich für meinen Teil denke, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist,
bis auch wieder in und um Gaza herum Ruhe einkehrt. Nur so könnten alle
Beteiligten größeren Schaden vermeiden und ihr Gesicht wahren. Ob hier Politik
tatsächlich so rational gemacht wird, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Geöffnete Türen für den Frieden? |
Ein Bericht über die Exkursion wäre, glaube ich, der Sache nicht angemessen, deshalb lasse ich es aus diesem Eintrag heraus und lasse spätestens zum Wochenende etwas dazu folgen. Wenn ihr etwas für das Land und seine Menschen tun wollt, dann denkt im Gebet an die verzwickte Situation hier und daran, dass die Regierungen der beiden Völker einen Weg finden, der nicht mehr unschuldige Zivilisten das Leben kostet und in Angst versetzt.
Euer,
Martin
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