Donnerstag, 16. August 2012

Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen...

Liebe Blogleser,

Jerusalem ist eine Stadt der Berge. Täglich bekomme ich das zu spüren - mal im Bus, mal zu Fuß. Die Hebräische Universität, von der ich im letzten Blogeintrag berichtet habe, liegt auf dem Scopusberg, oder wie man auf Hebräisch sagt: Har Ha-Zofim. Da ich nicht ganz so sportlich und motiviert bin, überlasse ich die morgentliche Fahrradfahrt auf den Scopus einigen anderen aus meinem Programm und steige lieber in den Bus, der mich auf ganz andere Art und Weise ins Schwitzen bringt. Erstens kann man über die israelischen Busse sagen, dass sie eher flexible Abfahrtszeiten pflegen. Mal schießen sie um 8.32 Uhr um die Ecke und manchmal eben auch erst 8.47 Uhr. Sitzt man dann einmal in ihnen, ist alles kein Problem mehr. Weil der Bus neben den LKWs im Straßenverkehr das größte Kampfgewicht hat, gehen alle anderen automatisch aus dem Weg, wenn er hupt (was hier sozusagen zum guten Ton gehört).

Blick vom Zion auf das Hinnomtal und die arabische
Neustadt.
Ein zweiter Berg, der morgen noch eine Rolle spielen wird, ist der Berg Zion. Da wir 15 von Studium in Israel nicht die einzigen Studierenden aus dem deutschsprachigen Raum sind, sondern auch das Theologische Studienjahr der Dormitioabtei auf dem Zion seit dieser Woche vollständig ist, wird es am Freitagabend einen Begegnungsabend zwischen den beiden Studienprogrammen geben. Während in unserem Programm der 35. Jahrgang durch uns repräsentiert wird, ist beim Studienjahr der Dormitio bereits der 39. Jahrgang zusammen gekommen. Zwei Programme mit langen Traditionen, bei denen es schade wäre, wenn sie sich in Jerusalem nie zu Gesicht bekommen würden...

Der Felsendom mit hunderten betenden Muslimen auf dem Platz davor.
Der dritte Berg über den ich in diesem Blogeintrag berichten möchte ist der Tempelberg. Obwohl über den Tempelberg wahrscheinlich ganze Bücherwände gefüllt werden könnten, möchte ich mich relativ kurz fassen: Im Moment ist bei den Muslimen noch der bekannte Fastenmonat Ramadan, was bedeutet, dass jeder Muslim, dem es möglich ist, jeden Tag in diesem Monat nichts essen und nichts trinken soll. Mit Beginn der Nacht findet dann das Fastenbrechen statt, das auf den Straßen und in den Gassen der Altstadt Jerusalems täglich mit viel frischem Essen gefeiert wird. Das Besondere während des Ramadans ist, dass in einer der letzten Nächte die "Heilige Nacht" (Lailat al-Qadr) gefeiert wird. In dieser Nacht wird daran erinnert, dass in ihr der Koran das erste Mal offenbart wurde. Die Muslime versammelten sich dazu beim Felsendom auf dem Tempelberg, um ihre Gebete zu sprechen - die ganze Nacht! Ich hatte das große Glück mit meinem Mitbewohner zur Dormitiogruppe hinzuzustoßen, als sie um 21 Uhr den Turm der Erlöserkirche erklomm, um diese ganz besondere Nacht aus der Ferne zu beobachten. Auch eine etwas verwirrte und zuletzt auch verstörte Taube im Treppenaufgang zum Turm konnte uns nicht aufhalten, Jerusalem bei Nacht zu überblicken und den Gebeten vom Tempelberg zu lauschen. Beeindruckende Momente...

Damit verabschiede ich mich bis nächste Woche.
Herzliche Grüße,
euer Martin

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